No-Go-Liste »Fetisch/SM-Kontakte«

Eines der ersten Dinge, die auf mich zukamen, als ich in »der Szene« aktiv wurde, war das Schreiben einer BDSM No-Go-Liste. Eine ältere Femdom Lady (Spielpartnerin der härteren Gangart) hatte mich darauf angesprochen. Da ich gerne Blog-Artikel schreibe und Perfektionist bin, legte ich gleich los mit Recherchen und einigen ersten Versionen. Es enthält nicht meine Auswahl, denn das ist ja sehr persönlich und das soll nicht öffentlich im Netz sein. Der Beitrag enthält ein paar grundsätzliche Gedanken zu No-Go-Listen und ein paar Tipps, wie man das Schreiben leichter angehen kann. Es sind meine subjektiven Ansichten. Ich kann nicht für alle mitdenken, nicht alles vollständig erfassen und vielleicht findet ihr ein paar Sachen total unpassend – oder es fehlt etwas Wichtiges. Das ist ja nichts Neues, auch andere haben schon ihre Inhalte gepostet.

Eine Frau präsentiert sich als Fetischpartnerin

Was kann so eine No-Go-Übersicht denn – und was nicht?

Es handelt sich hierbei ja nicht um einen juristisch gültigen Vertrag oder so etwas in der Art. Ich bezeichne meine Liste gerne als Kommunikationsgrundlage. Es ist ja so: Schon wenn man in einem SM/Fetisch Kontaktportal ein bisschen herumsucht und klickt, stellt man fest, dass es eine schier unendliche Zahl an Vorlieben, Neigungen und Praktiken gibt. »Wie stellt man denn sicher, dass man wirklich alles ausgeschlossen hat, was für einen Tabu ist?«

Das ist eine der häufigsten Fragen, die mir gestellt wurde, wenn es um das Erstellen ging. Die Antwort lautet: Gar nicht, denn das ist unmöglich. Egal, wie lange ihr euch mit BDSM & Co beschäftigt, wie viele Sessions ihr schon hattet, wie viele Bondage-Videos und Sadomaso-Bilder ihr gesehen habt und wie viel ihr zum Thema lesen werdet. Ihr werdet niemals alles auflisten können, was für euch ein No-Go wäre. Das ist aber auch nicht der Sinn der Sache.

Mir sind schon No-Go-Listen-Kritiker begegnet, die gesagt haben das wäre alles Quatsch, weil man nie alles erfassen könne. Nun, wenn ich den Anspruch an ein Verzeichnis habe, dass es alles erfassen soll, dann ist das Unsinn, ja. Mit einer Liste kann ich meinem gleichgesinnten Gegenüber nämlich sehr gut zeigen, wie ich als Domina so ticke.

Löst euch also von dem Anspruch auf Vollständigkeit! Eine gut durchdachte Liste gibt einen ersten Eindruck von euch, von dem, was euch beschäftigt und von euren Grenzen. Vorsicht übrigens auch vor dem Gedanken: „Ich brauche das nicht, denn extreme Spielszenen macht meine Partnerin nicht, ohne mich vorher zu fragen.“ Was extrem ist und was nicht, wird nicht nur von jeder Person anders empfunden, sondern gerade im Bereich BDSM ist diese Kategorie ganz schön relativ. Vermutlich werden die meisten, die diesen Blogpost hier lesen, Schläge mit einem Rohrstock keineswegs als dramatisch ansehen, sondern es eher für das Selbstverständnis einer sadistischen Herrin halten.

Gehe ich morgen in die Fußgängerzone und befrage Passanten, ob sie Rohrstockschläge für extrem oder gängig halten, sieht die Sache höchstwahrscheinlich anders aus. Das Argument, man werde schon eine Absprache treffen, bevor eine Session beginnt, mag ich daher nicht gelten lassen. Ihr habt ja nichts zu verlieren – also nur zu.

Wie war das jetzt mit der Kommunikationsgrundlage?

Üblicherweise gehe ich mit einer neuen Bekanntschaft die No-Goes gemeinsam durch. Ich lese dabei Punkt für Punkt vor und erläutere Einzelnes bei Bedarf. Das hat den Vorteil, dass man Missverständnisse gleich ausräumen kann. Schickt ihr die Liste vorab per Mail und kommuniziert nicht noch mal darüber, dann besteht die Gefahr, dass etwas falsch aufgefasst wurde. Das anschließende Treffen/Sitzung kann dann richtig schief gehen.

Das miteinander Durchsprechen hat noch einen entscheidenden Vorteil: Ich bekomme die Reaktionen des Portal-Users direkt mit. Das ist Gold wert. Werden meine Anliegen ernst genommen? Zieht eine erfahrene Femdom vielleicht etwas ins Lächerliche? Versucht mein Gegenüber, einzelne Punkte zu verhandeln? Versucht die charmant-dominante Lady, mir das Ganze im Mund herumzudrehen? Sehr häufig haben sich bei einem Gedankenaustausch dann sogar noch Lücken schließen und unklare Formulierungen verbessern lassen.

Über die Rückfragen gab es viele weiterführende Ideen, wie SM-Praktiken noch ergänzt werden können. Am Ende waren dann die wichtigsten Spielgrenzen (Fetischlust & Intensität) abgesteckt und es war ein erster Eindruck davon entstanden, wie man gerne spielt. Das hat bisher immer für ein sehr hohes Maß an Sicherheit gesorgt, wenn ich den Rückmeldungen von konsequenten Dominanz- und Herrin-Kontakte diesbezüglich Glauben schenken darf.

Go-Listen als Ergänzung

Ich selbst habe so etwas (noch) nicht, aber ein paar SMler in meinem Umfeld arbeiten damit: Go-Listen, die Vorlieben enthalten. Streng genommen ist wahrscheinlich meine persönliche Fetisch-Liste hier im Profil auch so was in der Art. 

  1. Der „Unten“ spielende Part (Bottom/Sub) hat eine Auflistung als Ergänzung zu den unangemessenen Rollenspielen.
  2. Der „Oben“ spielende Part (Domina/Meister) hat eine Go-Liste mit Dingen, die sie gerne mag und macht. Geht man das zusammen durch, können Spielarten ausgeschlossen oder genauer abgesprochen werden. Nicht selten wird eine ganze Bandbreite an BDSM-Szenarien dargestellt, die ohnehin nie geschehen wären. 

Tipps zum Erstellen einer Liste

  • Nehmt euch das Recht auf Unvollständigkeit heraus. Wie geschrieben: Die perfekte, allumfassende No-Go-Liste gibt es nicht. Es ist okay, wenn etwas fehlt. Macht euch nicht zu viel Druck.
  • Klickt euch bei den einschlägigen Webportalen, Fetisch- und Kink-Communities durch die Profile mit den Neigungslisten. Das hilft manchmal für Ideen.
  • Bleibt lieber eindeutig – vermeidet Abkürzungen und Euphemismen. Das berühmteste Beispiel: NS (Natursekt) und KV (Kaviar). Das sind einfach hübschere Begriffe für Urin und Scat. Die meisten wissen das, aber manche vielleicht nicht. Es gibt eigentlich auch keinen besonderen Grund, die Dinge nicht beim Namen zu nennen. Gleiches gilt für SM-Abkürzungen, die sind im Zweifelsfall missverständlich.
  • Ich mag Sprache und deren Feinheiten, deshalb hier eine Sache, die eher für Perfektionisten ist: Vermeidet doppelte Verneinungen. Ihr schreibt ja eine No-Go-Liste.
  • Versucht, Abstraktbegriffe zu vermeiden. Es hilft wenig, wenn ihr z. B. „Erniedrigung“ auf die Liste schreibt. Denn was ist eine Erniedrigung? Das empfindet jeder anders. Wahrscheinlich denkt ihr bei dem Thema an etwas Bestimmtes. Dann fasst das in Worte, zum Beispiel: „Demütigungen, die auf meinen Körper/Figur/Übergewicht abzielen.“ Das ist dann schon konkreter. Ähnlich schwierige, aber oft gelesene Begriffe sind: Respektlosigkeit, unhöfliches Verhalten, gemeine Spielarten…
  • Ein sehr hilfreiches Mittel besteht aus drei Buchstaben: Etc. Es lässt euch Dinge zusammenfassen, die ähnlich sind, ohne, dass ihr alles im Detail auflisten müsst. Beispiel: „Blutige Verletzungen etc.“ können Kratzer, Cuttings, aufgeplatzte Haut durch Schläge und alles meinen, was in eine ähnliche Richtung geht.
  • Mir hat außerdem die kleine Floskel „ohne Absprache“ geholfen. Da kann als No-Go stehen: „Öffentliches Spielen ohne Absprache.“ Das ist nützlich, wenn ihr Femdom-Partys, Gemeinschaftserziehungen oder Sklavinnen- und Sklavenvorführungen zwar nicht grundsätzlich ablehnt, dafür aber noch mal gesonderte Regelungen treffen wollt.

Dinge, die man im Austausch über No-Go-Listen von anderen lernen kann

  • Ihr könnt auch als Top/Domme eine solches Grenzen/Regel-Protokoll anfertigen.
  • Manche haben für jeden Spielpartner eine eigene Liste.
  • Es lässt sich nicht nur um eine Go-Liste erweitern, sondern ihr könnt auch einen Text über euch schreiben, der davon handelt, wie ihr spielt und was ihr mögt oder nicht mögt. Ein Text erlaubt euch dabei mehr Spielraum. So etwas ist aber sicherlich eher etwas für Kontakte, die schon länger BDSM praktizieren.
  • Manchmal wird ein strenges „Das hier zählt ja wohl nicht als No-Go, oder?“ in eine Session eingebaut. So lässt sich auch mal etwas nachfragen, ohne gleich die Atmosphäre zu stören. Seid da ruhig kreativ! Ich finde es besser, wenn jemand zwischendurch etwas überprüft, als wenn einfach etwas gemacht wird.